Senegal, monumental!


Oder: Wenn Träume aus Bronze gemacht sind. Das Monument der afrikanischen Wiedergeburt in Dakar

Felizitas Gattermann

Die Denkmalstürze der 2020er-Jahre haben in ihrer Radikalität eine außergewöhnliche mediale Aufmerksamkeit erlangt. Doch nicht alle derartigen Konflikte stehen im weltweiten Rampenlicht der Medienberichterstattung. Obgleich nicht alle ein solches Konfliktpotenzial offensichtlich werden lassen, sind sie dennoch Vehikel und Austragungsort für öffentlich demonstrierte Uneinigkeit sowie Sichtbarmachung eines bestehenden Konfliktes. Ein im europäischen Wahrnehmungshorizont weniger präsentes Beispiel ist das ‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ im westafrikanischen Senegal – einem Land, das viele nicht zwangsläufig mit einem konkreten Denkmal assoziieren …

Abb. 1: Monument der afrikanischen Wiedergeburt von oben, Dakar 2011 © Attaway https://www.flickr.com/photos/attawayjl/5556496295

In Superlativen gedacht
Das vom ehemaligen senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade in Auftrag gegebene ‚Monument de la Renaissance africaine‘/‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ glänzt nicht durch Bescheidenheit. Bei dem Monument handelt es sich um eine 49 Meter hohe, 7.000 Tonnen schwere Bronzestatue (vgl. Afrique ArteTv 2010; Ohle 2019), die auf einem 100 Meter hohen Hügel in einem Küstenabschnitt des Stadtviertels Ouakam der senegalesischen Hauptstadt Dakar errichtet wurde und aktuell als die höchste Statue Afrikas gilt. Das Monument befindet sich am westlichsten Punkt des Kontinents. Nach vierjähriger Bauzeit wurde es am 3. April 2010, dem Nationalfeiertag, an dem sich die Unabhängigkeit von Frankreich zum 50. Mal jährte, medial wirksam eingeweiht. Neben den geladenen Staats- und Regierungschefs, darunter auch Vertreter*innen des französischen Innenministeriums (vgl. Monde Afrique 2010), befanden sich unter anderem der afroamerikanische Popsänger Akon und der Bürgerrechtler Jessie Jackson unter den Gästen (vgl. Vudaf 2019).
Die Baukosten für das Monument belaufen sich auf geschätzte 27 Millionen Dollar. Mit der Umsetzung war ein nordkoreanisches Unternehmen beauftragt worden. Das Design wiederum stammt vom senegalesischen Architekten Pierre Goudiaby (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 5). Dargestellt sind eine Frau und ein Mann, die spärlich bekleidet und erhobenen Hauptes gemeinsam einem Vulkan entsteigen. Der Mann trägt ein Kleinkind auf seiner Schulter und hält die Frau, hinter sich herführend, fest im Arm. Durch Andeutungen des Ausfallschrittes und die wehende Kleidung der Figuren entsteht der Eindruck, dass sich diese bewegen. Das Kind zeigt mit einer Hand über den Ozean hinweg in die Ferne. Der Blick aller drei Figuren ist Richtung Westen gerichtet.

Abb. 2: Details des Monuments © Felizitas Gattermann, Dakar 2010
Abb. 3: Details des Monuments © Felizitas Gattermann, Dakar 2010
Abb. 3: Details des Monuments © Felizitas Gattermann, Dakar 2010

Am Fuß des Monuments ist eine Plakette angebracht, in der sich Wade in einer kurzen Botschaft an die afrikanische Jugend richtet: Er mahnt diese, sich an all jene zu erinnern, die ihre Freiheit und ihr Leben für die Wiedergeburt Afrikas geopfert haben. Das Monument besitzt auch ein Innenleben: So befindet sich ein integrierter Fahrstuhl im Inneren des Monuments, der Besucher*innen zur im obersten Teil befindlichen Aussichtsplattform und zu einem dazugehörigen Museum befördert. Nach der Eröffnung erweiterten die Manager des von der Regierung Senegals geführten Projekts die Infrastruktur rund um die Statue. Heute führt eine 198-stufige, breite Steintreppe, die von gepflegten Gartenskulpturen umgeben ist, zum Monument. Außerdem gibt es ein Nachtbeleuchtungssystem für abendliche Besichtigungen. Die Innenräume können zudem als Ausstellungs- und Seminarräume sowie für Pressekonferenzen angemietet werden.

Symbolische Absichten
Expräsident Wade deutet das Monument wie folgt: „Afrika entsteigt hier dem Schoß der Erde. Die Aufklärungsfeindlichkeit hinter sich lassend, schreitet es nun dem Licht entgegen“ (Cessou 2009; zit. n. De Jong/Foucher 2010, Abs. 9. [Übersetzung FG]). Damit nimmt er Bezug auf die Vorstellung, dass der afrikanische Kontinent selbstbestimmt und aus eigenem Antrieb heraus einer neuen Ära entgegentrete – einem Zeitalter der Moderne, dessen Beginn er durch dieses Monument symbolisch markiert sieht. Er fühlt sich offensichtlich in seiner Überzeugung bestärkt, dass nicht nur das eigene Land Senegal, sondern Afrika in seiner Gesamtheit in jeder Hinsicht bereit dafür ist, wenn er konstatiert:
„Der afrikanischen Jugend – fruchtbarer Mutterboden und Hoffnung der afrikanischen Einheit, wollte ich zeigen, dass es in Afrika genug spirituelle, intellektuelle und moralische Ressourcen gibt, um damit unseren Willen für den Aufbau einer starken, demokratischen und wohlhabenden Nation zu stützen“ (allafrica.com 2010; zit. n. De Jong/Foucher 2010, Abs. 12 [Übersetzung FG]).
Das Monument soll jedoch, der offiziellen Erklärung gemäß, noch weiteren Zwecken dienen: „Dieses Monument steht hier als Mahnmal für die Leiden, die die Geschichte den schwarzen Völkern auferlegt hat, und als Kampfansage des Afrikas von heute und seine Diaspora, sich der Fortschritte der modernen Welt anzunehmen. Sowohl in symbolischer, kultureller, touristischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht strebt das Monument danach, sich einzureihen in die Reihe der großen Monumente der Welt, des Eiffelturms in Paris, der Freiheitsstatue in New York oder der Jesusstatue in Rio de Janeiro“ (allafrica.com 2010; zit. n. De Jong/Foucher 2010, Abs. 10 [Übersetzung FG]). Tatsächlich wird hier in Superlativen gedacht und in einem für europäische Ohren ungewohnt selbstbewussten, kompetitiven Ton gesprochen.
Der bereits erwähnte Schöpfer der Statue, Pierre Goudiaby, rechtfertigt die Monumentalität des Denkmals mit dem Argument, dass Senegal, selbst wenn es ein armes Land sei, ein Recht darauf habe, pompös zu wirken und in großen Dimensionen zu denken. Das Monument sei eine Einladung an Afrika, sich zu befreien. Man müsse aber gleichzeitig akzeptieren, dass Afrika die Werte der westlichen Welt teile (vgl. Brachet 2014).

Abb. 5: Inschriften © jbdodane, https://www.flickr.com/photos/jbdodane/8745313420
Abb. 6: Botschaft an die Jugend, ©Felizitas Gattermann

Erste Planungen
In den 1980er-Jahren hatte Wade bereits erste Überlegungen für eine Statue angestellt, die die Versöhnung von Afrika, Europa und Amerika symbolisieren sollte (vgl. zum Folgenden Camara 2010: 189). Der senegalesische Skulpturenmacher Ousmane Sow schlug daraufhin vor, zwei sich über das Meer entgegenblickende Statuen auf je einer Seite des Atlantiks zu errichten. Im Jahr 2000 bat Wade mit Antritt seines Präsidentenamtes den französischen Skulpteur rumänischen Ursprungs Virgil Magherusan um einen Entwurf. Dieser, ein nach den Traditionen der französischen Académie des Beaux-Arts in Bukarest unterrichteter Schüler (vgl. Magherusan 2019), hatte eine Vorliebe für neoklassizistische Darstellungen mit Pferden, Soldaten und Erotik. Während im westlichen Teil Europas nach 1945 Nachfrage nach und Gebrauch von realistisch-figurativen Monumentalstatuen schwand, blieb Magherusan der fortwährenden Perfektionierung dieser Technik treu. Er selbst führt diese Ablehnung des Monumental-Skulpturalen darauf zurück, dass man sich hier in einer bewussten Distanzierung zum in der Baukunst des Nationalsozialismus und Kommunismus vielfach zur Schau getragenen Größenwahn versuchte. 2003 präsentierte Magherusan dem Präsidenten seinen Entwurf. Dieser ließ den Entwurf in Absprache mit seinem Berater und Architekten Goudiaby überarbeiten, bevor er schließlich die nordkoreanische Firma ‚Mansudae Overseas Projects‘ mit der Umsetzung beauftragte. Wade beanspruchte vor allem zu Projektbeginn das alleinige geistige Urheberrecht für die Gestaltung und die Umsetzung des Monuments, um in weiterer Folge persönliche Eigentumsansprüche zu erheben.

Ein Präsident setzt sich ein Denkmal
Das ‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ war nur eines von vielen Großprojekten, deren Umsetzung sich Wade im Laufe seiner politischen Amtszeit zum Ziel gesetzt hatte. Die meisten davon – darunter ein Atomkraftwerk (vgl. Johnson 2007) – wurden letztendlich nicht realisiert. Diese regelrechte ‚Modernisierungswut‘ entsprach einem Zeitgefühl des Aufbruchs und des Wandels, welches die Senegalesen und ihren Präsidenten in diesen Jahren ergriffen hatte (vgl. Gehrold/Horn 2010) – eine Art afrikanischer Zukunftsoptimismus, der in solchen Bauprojekten zum Ausdruck kam.
Abdoulaye Wade war von 2000 bis 2012 senegalesisches Staatsoberhaupt. Im Jahr 2000 befand sich das Land noch in einer seit den 1970er-Jahren andauernden Krise. Nach Jahrzehnten der Inflation und des wirtschaftlichen Darniederliegens wurde Wade zumindest in den ersten Monaten seiner Amtszeit zum glaubwürdigen Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft Senegals. Er verlor jedoch bald sein positives Image. Wade pflegte einen autokratischen und oft impulsiven Führungsstil – die Opposition klagte über undemokratische Verhältnisse. Wade wurde im Jahr 2007 mit absoluter Mehrheit wiedergewählt, doch während seiner zweiten Amtszeit mehrte sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit seinem Regierungsstil – vor allem mit den schweren Lebensbedingungen, den steigenden Lebenserhaltungskosten und der hohen Arbeitslosigkeit. Das von Wade initiierte Großprojekt ‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ stieß ebenfalls auf massive Kritik und konnte die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung nicht abwenden (vgl. Ohle 2019).

Nordkoreanische Baukunst in Afrika
Das nordkoreanische Bauunternehmen Mansudae Overseas Projects (MOP) mit Sitz in Pjöngjang hat neben zahlreichen Prachtbauten in Nordkorea vor allem Projekte in Staaten Afrikas umgesetzt. Die Firma ist eine der berühmtesten wirtschaftlichen Repräsentant*innen Nordkoreas im Ausland und kann auf eine lange Liste von bereits realisierten Denkmalbauprojekten in Afrika blicken. So errichtete das Unternehmen unter anderem Unabhängigkeitsstatuen, Gedenkbauten und Denkmalmuseen in Namibia, Angola, Zimbabwe und Mozambik sowie große Schlachtenpanoramen in Ägypten und Syrien. Auch Projekte in Äthiopien, Togo, Benin und im Kongo wurden realisiert (vgl. Public Delivery 2021).
Die Nachfrage nach derartigen Bauten ist offenbar vor allem in jenen afrikanischen Staaten groß, die einen Imagewandel anstreben. Das Geschäft für die MOP scheint hier besonders lukrativ zu sein. Das von Mansudae Overseas Projects in Senegal fertiggestellte ‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ galt unter Kritiker*innen im In- und Ausland aufgrund von Kosten und Monumentalität lange Zeit als umstritten (vgl. ORF News 2013).
In einem Blog über Nordkorea werden MOP sarkastisch als „die letzten Verteidiger sozialistischer Baukultur“ (Dondelinger 2010) bezeichnet. „Denn wo immer ein alternder Potentat seine Macht beweisen; wo immer einem Freiheitskämpfer ein bronzener Koloss gewidmet werden; wo immer ein Krieg gegen die imperialistischen Mächte ins rechte Licht gerückt werden soll, da sind sie zur Stelle … Die Hammer und Meißel schwingenden Verteidiger sozialistischer Architektur, die Männer des Mansudae Overseas Projects Group of Companys […]“ (Dondelinger 2010).

Privatisierung eines Monuments
Die Verwaltung und Pflege des Denkmals unterliegt dem senegalesischen Ministerium für Kultur und Kommunikation. Auf einer eigens für das Monument erstellten Webseite wird auf ein mehrköpfiges Team verwiesen, das sich aus den Arbeitsbereichen Marketing, Finanzen, PR, Verwaltung und Besucherservice zusammensetzt (vgl. Monuraf 2020). Allerdings erfährt man nichts über eventuelle Partner*innen bzw. rechtliche Miteigentümer*innen am Monument. Zwar befindet sich das Monument offensichtlich in staatlicher Obsorge, doch lassen sich hinsichtlich der Verwaltung und des Betriebs auch privatwirtschaftliche Strukturen erkennen. Inwieweit die heutige rechtliche Lage Wade finanzielle Ansprüche am staatlichen Monument einräumt, ist unklar.
Tatsächlich hatte Wade im Zuge der Einweihung des Monuments bekannt gegeben, dass der Staatsanteil am Kapital 55 % betragen solle, während einer nach ihm benannten und von seiner Tochter geleiteten Stiftung 30 % der Einnahmen zustehen sollen. Die restlichen 15 % würden an die gemeinnützige Organisation ‚Agence nationale de la petite enfance‘ gehen (vgl. Xamila Senegal 2011). Die privaten Einnahmen, die er sich damals auf diesem Weg sichern ließ, betreffen die Einnahmen von Tickets und Verkäufen im angeschlossenen Souvenirshop. Bis heute existieren dazu keine offiziellen Stellungnahmen und eindeutigen Zahlen. In einem Bericht der BBC wird Wade unter anderem folgendermaßen zitiert: „We should see how we share the benefits. The state will go with 65 % and I shall take 35 % for myself“(Sy BBC News Dakar 2009).
Wade begründet seinen Eigentumsanspruch mit dem Recht auf sein geistiges Eigentum, welches ihm als ‚selbst deklarierten‘ Urheber des Monuments zustünde. Es herrschen noch viele Unklarheiten zu den anteiligen Eigentumsverhältnissen am Monument. In jedem Fall handle es sich hier, so Werner Nowak, Chef der Friedrich-Naumann-Stiftung in Dakar, um einen „Musterfall, wie man öffentliches Eigentum in private Hände transferiert und wie dabei viel Geld in Kanäle geht, die nicht der Allgemeinheit zugutekommen“ (Köpp 2012).

Vom ‚Wert‘ eines Denkmals
Im Senegal gibt es mehrere unter dem Schutz des UNESCO-Weltkulturerbe stehende Kultur- und Naturerbestätten – darunter die Insel Gorée, Insel von Saint-Louis oder die Senegambischen Steinkreise. Die Idee des Kulturerbe- und Denkmalschutzes ist ein ursprünglich aus dem Westen importiertes Konzept, das auf der kontrollierten Bewahrung und dem Schutz von Stätten mit dem Prädikat ‚universeller Wert‘ ausgerichtet ist. Seine Anfänge in Paris nehmend, richtet sich das Welterbe-Komitee in seiner Beurteilung von ‚Eignung‘ bzw. ‚Schutzbedürftigkeit‘ nach konkreten Empfehlungen sowie einem strikten Kriterien- und Richtlinienkatalog. Es bedient sich damit unweigerlich der Ausschlussmechanismen.
Präsident Wade hat sich nach der Einweihung intensiv, jedoch erfolglos um eine Klassifizierung des Monuments als UNESCO-Weltkulturerbe bemüht. Sein öffentlich bekundetes Streben nach der Unabhängigkeit Afrikas und der gleichzeitige Wunsch, sich an hegemonialen westlichen Klassifikationskriterien wie denen des Denkmalschutzes zu orientieren, stellen einen offensichtlich von ihm ignorierten Widerspruch dar (vgl. Website Unesco 2021).
Der für die Menschheit „außergewöhnliche universelle Wert“ (Website Unesco 2021) dieses Monuments erschien nicht allen so eindeutig wie dem Präsidenten. Wades Bemühungen um eine weltweite Anerkennung des Bauwerks erfolgten sicherlich im Hinblick auf eine erhoffte Prestigeaufwertung des Landes und seiner Person im Ausland, die ihm möglicherweise die Rechtfertigung gegenüber der skeptischen Bevölkerung im eigenen Land erleichtert hätte.

Schauplatz Monument: staatliche Inszenierungen und zivilgesellschaftliche Nutzung
Rund um das Monument hat sich im Zuge des Ausbaus der Infrastruktur das damit verbundene Angebot an Aktivitäten erweitert. So werden die neu geschaffenen Flächen rund um das Monument für unterschiedliche Großveranstaltungen und Events genutzt – z. B. für Konzerte, Filmvorführungen, Gala-Diners und Modeschauen (vgl. Monuraf 2020).
Wichtige Staatsfeiertage wie der Nationalfeiertag oder 1.-Mai-Kundgebungen finden jährlich am Fuß des Monuments statt. 2010 war es Schauplatz des Festival Mondial des Arts Nègres. Der Platz rund um das Monument wird gelegentlich auch für Kundgebungen genutzt.
Mittlerweile ist das Monument ein Ausflugsziel von in- wie ausländischen Reise- oder Schulgruppen (vgl. Hole 2018) und Familien sowie ein beliebtes Motiv bei afrikanischen Blogger*innen (vgl. Blog Akenyannomad 2018) und Influencer*innen (vgl. Vlog Mlle Mys241 2020).

Ein Monument mit Innenleben
Ein Spezifikum ist der begehbare Innenraum des Monuments. Hier befindet sich unter anderem das nach dem senegalesischen Skulpturenmacher Ousmane Sow benannte Museum. Geboren in Dakar, widmete sich dieser als Autodidakt der Schaffung von ausdrucksstarken Körperskulpturen, die er ohne Modelle und nach eigenen Techniken anfertigte. Er wurde bekannt für seine Serien von muskulösen und überlebensgroßen Figuren unterschiedlicher ethnischer Gruppen, die auch auf internationalen Ausstellungen etwa in Kassel, Paris oder Venedig gezeigt wurden. Sow wurde zum ersten afrikanischen Mitglied der französischen Akademie der Schönen Künste (vgl. Bornstein 2016).
Eine Auswahl seiner Arbeiten wird in einem der Ausstellungsräume des Monuments gezeigt. Die Räume finden sich auf mehreren Ebenen verteilt. Neben historischen Inhalten zum Thema Afrika als ‚Wiege der Menschheit‘, zur Geschichte des Sklavenhandels, zu schwarzen Widerstandsbewegungen und zu Denkströmungen afrikanischer Intellektueller ist eine anschauliche Dokumentation des nordkoreanischen Bauprojektes auf Bildschirmen Teil der Ausstellung. Das Museum ist ein Sammelsurium unterschiedlicher Kunstobjekte, die von zahlreichen afrikanischen Ländern als Zeichen der afrikanischen Verbundenheit und als symbolische Schenkungen an das ‚Monument de la Renaissance africaine‘ gingen. Auch Porträts von Barack Obama und Martin Luther King, Fotografien von Rosa Parks und von Vertreter*innen der amerikanischen Black-Panther-Bewegung sowie eine etwas kontextlos wirkende Mahatma-Ghandi-Büste zieren die Ausstellungsräume. Objekte des senegalesischen Kunstgewerbes sind ebenfalls vertreten (vgl. iGFMsn 2016).

Soziokulturelle Innovation: der Museumsbesuch
Für Empörung unter den Besucher*innen sorgen vereinzelt die unterschiedlichen Museumseintrittsgelder, die für Senegales*innen und Afrikaner*innen einerseits und alle anderen ausländischen Besucher*innen andererseits gelten (vgl. zum Folgenden Le Quotidien 2019).
Während die Ticketpreise für Einheimische zwischen maximal fünf Euro und kostenfreiem Eintritt variieren, belaufen sich diese für nichtafrikanische Staatsbürger*innen auf das Doppelte des Maximums. Die Pressesprecherin des Monuments, Georges Diatta, begründet die Entscheidung damit, dass man sich bei den Preisen am internationalen Tarifstandard orientiere. Zudem habe man die vergleichsweise schwache Kaufkraft der afrikanischen Bevölkerung im Kulturbereich mitberücksichtigt. Der senegalesische Staat wolle über diese Preisdifferenz die eigenen Landsleute dazu bewegen, das Monument zu besuchen. Die Direktorin des Museums, Ndèye Marina Sow, teilt diese Ansicht. In jedem Museum in Frankreich verlange man 10 bis 15 Euro Eintritt. Es sei deshalb nicht begründbar, warum ausländische Besucher*innen im Senegal weniger dafür bezahlen sollten. Die Mehrheit der Senegales*innen könne sich das aber nicht leisten. Sie verweist zudem auf die beträchtlichen Instandhaltungskosten, die eine solche Regelung rechtfertigen würden. Das Museum erhalte keine Subventionen, sondern finanziere sich aus Eigenmitteln.
Darüber hinaus sei erwähnt, dass die Betreiber*innen des Monuments durchaus von der Schwierigkeit wissen, Senegales*innen zum ‚Kulturkonsum‘ in Form eines Museumsbesuchs zu bewegen. Zwar sei es ihnen ein Anliegen, Kulturpflege zu betreiben, doch würden viele Senegales*innen im Besuch von als Museen bzw. Sehenswürdigkeiten deklarierten Orten keine vertraute bzw. sinnproduzierende Handlung sehen. Diese Hemmschwellen gelte es, vor allem in der breiten Bevölkerung abzubauen, wie Abdoulaye Racine Senghor, der Verwaltungssprecher des Monuments, in einem Interview erklärt (vgl. Mplus ProdTv 2018).
Es kommt im Zuge dieser ‚Überzeugungsarbeit‘ auch zu einer Angleichung des lokalen Verständnis von Kunstrezeption an vorherrschende Auffassungen des internationalen Kunstbetriebs. Dies lässt sich an den gewählten, musealen Kulturvermittlungsstrategien der Betreiber*innen erkennen.

Ästhetische Hybridität
Das Monument zeichnet sich durch einen von stalinistischen Elementen geprägten Stil aus, der sowohl die rumänische wie auch die nordkoreanische Handschrift der am Gestaltungsprozess Beteiligten erkennen lässt. Wuchtige, körperbetonte Darstellungen, die mit starken symbolischen Gesten arbeiten, bestimmen das Erscheinungsbild. Es lassen sich auch Bezüge zu europäischer Malerei bzw. christlicher Motivik erkennen. So findet sich etwa die Dreierkonstellation Mann-Frau-Kind in vielen gemalten Darstellungen als Bildikone der Heiligen Familie wieder. Sogar die gängige nackte und erhöhte Darstellung des Jesuskindes wurde in die Bildsprache des ‚Monuments der afrikanischen Wiedergeburt‘ übernommen. Die Nacktheit des weiblichen Körpers schafft hier allerdings andere Bezüge und lässt die Darstellung der Frau – abhängig vom subjektiven Empfinden des Betrachters bzw. der Betrachterin – als ‚leicht bekleidet‘, ‚erotisch‘, ‚obszön‘ bis hin zu ‚gotteslästernd‘ erscheinen. Insgesamt kann das Monument als ein Hybrid betrachtet werden, das mit unterschiedlichen ikonografischen Bildverweisen arbeitet. Aus der Perspektive der postkolonialen Kritik könnte man in dieser Darstellung des Frauenkörpers eine Objektivierung der Frau sehen, die, auf ihre Körperlichkeit reduziert, dem ästhetischen Prinzip kolonialer Exotik entspricht.
Als konkreten ästhetischen Referenzpunkt für die angestrebte Orientierung an westlichen Standards und an einem forcierten Dialog mit der Welt lässt sich etwa der nach Westen gerichtete Blick der Figuren deuten. Die Körperbetonung der Darstellungen kann weiters als möglicher Bezug auf das im kolonialistischen Sklavenzeitalter erfahrene körperliche Leid interpretiert werden. Die Darstellungen von ‚vitalen‘ und ‚gestählten‘ Figurenkörpern könnten als Versuch gewertet werden, den durch schmerzvolle Erfahrungen geprägten Transformationsprozess Afrikas zu visualisieren, aus dem ein gestärkter, jedem Widerstand trotzender Körper hervorgegangen ist. Das Monument weist ferner Referenzen zu einem der in Senegal gesellschaftlich akzeptierten Lebensmodelle auf: Einerseits wird hier die Vorstellung einer als ‚klassisch‘ geltenden Familieneinheit verkörpert (vgl. Köckritz 2018), andererseits wird auf der ästhetischen Gestaltungsebene die stereotype Rollenverteilung innerhalb dieser Konstellation reproduziert.

Konfliktlandschaften
Rund um das Monument wurden und werden mehrere Konflikte parallel und auf verschiedenen Ebenen ausgetragen. Manche von ihnen lassen sich nicht klar voneinander trennen – etwa diejenigen, die in den Bereichen Religion und Politik stattfinden. Nicht alle Debatten werden heute mit der gleichen anfänglichen Intensität fortgeführt – manche sind mittlerweile durch andere verdrängt worden. Die Konflikte werden im Folgenden anhand der involvierten Parteien dargestellt. Neben den diskursiv ausgetragenen Konflikten werden Konflikte rund um das Monument vereinzelt auch in körperlichen Gewaltakten ausgetragen.

Gewaltsame Konflikte
Die Debatten rund um dieses Monument wurden insbesondere 2010 medial sowie auf öffentlichen Plätzen und Straßen ausgetragen. Vor allem der Medienberichterstattung kam hier eine bedeutende Rolle zu. Sowohl staatlich gelenkte Berichterstattung als auch private und unabhängige Medien lieferten sich einen Schlagabtausch. Moscheen und Kirchen sowie Universitäten boten ebenfalls Plattformen, um für oder gegen das Monument Stellung zu beziehen bzw. zu mobilisieren.
Zwar befeuerte der Unmut der Demonstrant*innen über das Monument die damals teils gewaltsamen Straßendemonstrationen. Doch war das Monument bei der Austragung der Konflikte nie direktem Vandalismus oder anderweitigen Versuchen der materiellen Aneignung ausgesetzt. Nennenswerte Vorfälle mutwilliger Beschädigungen am Objekt sind bisher nicht bekannt. Nur ein kurzer Onlinezeitungsartikel berichtete im März 2020 von einem Vorfall in den in der Statue befindlichen Museumsräumen: Ein Unbekannter habe mehrere ausgestellte Skulpturen verwüstet. Das Monument werde nun, laut Kulturministerium, polizeilich bewacht (vgl. Diouf 2020).
Auf die diskursiven Konfliktaustragungen der Parteien und deren Inhalte wird im Folgenden näher eingegangen.

Islamische Vertreter: ‚Gottlos und obszön‘
Der Islam weist in Afrika unterschiedliche Ausprägungen auf. Im Senegal, wie in ganz Westafrika, sind die vier wichtigsten aktiven Muslimbruderschaften: der Tidschānīya, der Murīdīya, der Qādirīya und der Layene. Es gibt eine Vielzahl an muslimischen Glaubenszusammenschlüssen, die sich in ihrer spezifischen Art, den Islam zu lehren, zu interpretieren und zu leben, unterscheiden. Im Senegal sind vor allem die einflussreichen Muslimbruderschaften mit ihren zum Teil reformistischen Ansätzen maßgeblich an der sozialen und politischen Gestaltung der Gesellschaft beteiligt. Im Prozess der Islamisierung haben sich in den einzelnen muslimischen Gesellschaften bestimmte Glaubenselemente stärker, andere weniger durchgesetzt. Auseinandersetzungen in muslimischen Gesellschaften waren daher auch im 20. Jahrhundert häufig Auseinandersetzungen unter den Muslim*innen selbst, in denen es um unterschiedliche Interpretationen des Islams ging. Mit deren Hilfe sollten in der Regel Ansprüche auf die religiöse Deutungsmacht, aber auch auf politische Führung durchgesetzt werden. Politik und Religion sind im Senegal nur schwer voneinander zu trennen. Imame genießen im Senegal, einem mehrheitlich muslimisch geprägten Land, hohes Ansehen und politischen Einfluss (vgl. Thiam 2017).
So hatte auch Präsident Wade Verbündete und Unterstützer in einem der muslimischen Lager. Während sich die reformistischen Muslimbruderschaften als Opposition gegen Wade und seine Statue stellten, hielten sich die sufistischen Muslimbruderschaften des Landes mit jeglicher Kritik an der Statue zurück. So eilte ein Imam dem Präsidenten zu Hilfe, indem er im nationalen Fernsehen verkündete, dass es wichtigere Dinge gäbe, um die man sich kümmern müsse, als über die Errichtung eines Monuments zu debattieren. Schließlich sei„es ist nicht das erste Mal, dass ein Monument in diesem Land errichtet wird“ (Nettali.net 2009; zit. n. De Jong/Foucher 2010, Abs. 35 [Übersetzung FG]).
Ein Grund für den Zuspruch aus diesem Teil des muslimischen Lagers könnte lauten, dass Wade eng mit dem Geldgeber und obersten Kalifen der Muridiyya, Mbackiyou Faye, befreundet ist. Eine weitere Muslimbruderschaft, la Tijaniyya, äußerte hingegen Kritik an der ‚unreinen‘ Statue. Auch hier scheint es vordergründig um religiöse Belange zu gehen. La Tijaniyya, so sagt man, habe sich gegenüber der bevorzugten Stellung der Mouriden beim Präsidenten benachteiligt gefühlt. Tatsächlich, so argumentierte Wade als Antwort, hätten sich die Muslimbruderschaften auch gegen die während der Kolonialzeit errichteten Statuen nicht empört (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 34).
Religiöse Motive dienen hier tatsächlich eher politischen Positionierungen. Führende Vertreter des ‚Verbands islamischer Gesellschaften im Senegal‘ (CAIS) traten im Laufe der Zeit verstärkt als Oppositionelle offen gegen die Politik des Präsidenten auf. So wurden unter dem Vorwand der Religion offensichtlich politische Interessen verfolgt. Der Verband selbst ist Teil einer sozialreformistischen Abspaltung des senegalesischen Islams. Es bestehen Verbindungen zu mehreren Organisationen der Reformmuslimen (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 33).
Das Monument ist offenbar weniger Gegenstand einer religiösen, als vielmehr der Auslöser einer machtpolitischen Debatte zwischen unterschiedlichen muslimischen Strömungen. Hier stehen sich die Kräfte des sufistischen Islams, als langjährige Unterstützer des Staats, und die oppositionelle reformistische Islambruderschaft gegenüber (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 36).
Einer der ersten religiös begründeten Angriffe gegen das Monument kam aber vom ‚Collectif des Associations Islamiques du Sénégal‘ (CAIS), einem ‚Verband islamischer Gesellschaften im Senegal‘. Ein Sprecher prangerte die Statue als provokativen Versuch an, die Glaubensgemeinschaft in die Irre zu führen und gegen die Grundfesten des islamischen Glaubens zu verstoßen.
Die Statue wurde auf Antrag von führenden Imamen daraufhin einer Prüfung durch islamische Gelehrte unterzogen, die in einem Gutachten (einer sogenannten Fatwa) der Statue mangelhafte Konformität mit dem islamischen Glauben bescheinigten. Zwar wurde in der Argumentation auf die islamische Rechtsprechung verwiesen, die jegliche vergötternde Darstellungen des menschlichen Körpers ablehnt, doch ist festzuhalten, dass es in den Heiligen Schriften des Korans kein dezidiert formuliertes Bilderverbot gibt (vgl. Naef 2007, Abstract).
Menschen in Form von Denkmälern zu verewigen, sei eine westliche Erscheinung. Die Statue sei somit als eine kulturelle Invasion des Westens zu werten. Der Präsident würde sich damit Gottloses anmaßen und sich gleichzeitig westlichen Gewohnheiten unterwerfen.
Zudem wird die bereits erwähnte Nacktheit der dargestellten Körper kritisiert. Der spärlich bedeckte Frauenkörper wird vom CAIS als obszön und moralisch verwerflich empfunden. Tatsache ist aber auch, dass Körper im Senegal durchaus zur Schau gestellt – etwa im als Nationalsport betriebenen Ringkampf – und Kleiderverordnungen für Frauen in vielen Teilen des Landes toleranter als in anderen muslimischen Ländern gehandhabt werden (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 29).
Des Weiteren bemängeln islamische Vertreter, die Statue würde in ihrem pompösen und kolossalen Erscheinen dem muslimischen Streben nach den Idealen der Bescheidenheit und Demut widersprechen. Diese Kritik wurde angesichts der im Großteil des Landes vorherrschenden Armut vehement geäußert. „Ist es verständlich, zu einer Zeit, in der die senegalesische Bevölkerung sowohl in einer bisher nie dagewesenen wirtschaftlichen wie auch sozialen Krise steckte, Milliarden für den Bau einer Statue auszugeben, die eine Kultur der Nacktheit und des moralischen Verfalls symbolisiert?“ (Mané 2009; zit. n. De Jong/Foucher 2010, Abs. 32 [Übersetzung FG]).

Christliche Gemeinschaft: ‚Verletzt und gedemütigt‘
Beim Versuch, sich gegen die Vorwürfe der Götzendarstellung zu verteidigen, sorgte Präsident Wade für Empörung vonseiten der katholischen Kirche. Wade verglich das Monument mit den Jesusdarstellungen in den Kirchen und konstatierte, dass die islamischen Kritiker auch die Katholiken der Missachtung des Bilderverbots bezichtigen müssten. Zwar sind die Katholik*innen mit 5 % der Gesamtbevölkerung in der Minderheit, doch gibt es Vertreter*innen wie den Erzbischof von Dakar, die ein hohes gesellschaftliches Ansehen genießen. Er äußerte öffentlich scharfe Kritik am Präsidenten und sprach von einer Demütigung sowie Beleidigung der katholischen Glaubensgemeinschaft (vgl. Josselin 2009). Der Sohn des Präsidenten entschuldigte sich daraufhin offiziell bei den Christ*innen für den Fehltritt seines Vaters. Goudiaby, der Architekt des Monuments und Berater Wades, distanzierte sich als praktizierender Katholik von der Äußerung des Präsidenten und gab sogar den Rücktritt von seinem Berateramt bekannt (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 40).
Dieser Zwischenfall veranschaulicht den Stellenwert, den Religion in der senegalesischen Öffentlichkeit einnimmt. Blasphemie, das Abwerten von bestimmten Glaubensinhalten, gilt in allen Religionen als schweres moralisches Vergehen. Selbst wenn dies eine religiöse Minderheit betrifft, werden derartige Äußerungen auch von Vertreter*innen anderer Religionen, wie dem Islam, zur Kenntnis genommen und verurteilt. Letztlich haben sich prominente Vertreter*innen der muslimischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Äußerungen des Präsidenten solidarisch mit der katholischen Gemeinschaft gezeigt und für religiöse Toleranz plädiert (vgl. De Jong/Foucher 2010, Abs. 40).

Proteste aus der Zivilbevölkerung: ‚Es reicht!‘
2011, im Jahr der Einweihung der Statue, kam es vermehrt zu gewaltsamen Ausschreitungen und Straßenprotesten (vgl. zum Folgenden Haeringer 2012). Aus diesen teilweise unorganisierten und spontanen Unmutsäußerungen gingen wichtige zivilgesellschaftliche Bewegungen wie die von Rapper*innen und Journalist*innen gegründete Jugendbewegung ‚Y’en a marre‘ (‚Es reicht!‘) hervor, die offen den Rücktritt Wades forderten. Besonders in den Stunden vor der Einweihung des Monuments versammelten sich tausende Demonstrant*innen auf den Straßen von Dakar, um gegen den Präsidenten und die Statue zu protestieren. Das Monument sahen sie als den Gipfel des politischen Versagens ihres Staatsoberhauptes. Die immensen Ausgaben wurden als verschwenderische und unnötige Fehlinvestition kritisiert, die zu Prestigezwecken, aber nicht dem Gemeinwohl der Bevölkerung dienten. Das Land wurde in dieser Zeit häufig von lang andauernden Stromausfällen heimgesucht, um die sich der Staat jedoch wenig kümmerte. Zwar konnten die von jungen Leuten initiierten Proteste die Errichtung und Einweihung der Statue nicht verhindern, doch führten die anhaltenden Proteste dazu, dass Wade kein weiteres Mal zum Präsidenten gewählt wurde.
Die Proteste verweisen auf eine starke Tradition kollektiven Handelns – insbesondere im Kontext von Gewerkschaften und politischen Studierendenbewegungen. Unter den Demonstrant*innen fanden sich neben den Aktivist*innen Intellektuelle, Oppositionsführer*innen und Künstler*innen, wie der in den 1990ern weltweit bekannt gewordene senegalesische Sänger Youssou N’Dour (vgl. Mbaye/Die Presse 2012).

Senegalesische Feministinnen: ‚Verhöhnung des Matriarchats‘
Feminist*innen sehen die Problematik der Statue weniger in der Darstellung von Nacktheit, sondern vielmehr in der Herabstufung der Frau, die durch ihre Reihung hinter dem Mann verdeutlicht wird (vgl. zum Folgenden De Jong/Foucher 2010, Abs. 41).
Sie wird dem Mann folgend und nachgeordnet dargestellt. Die feministischen Stimmen sehen den schwindenden Status der afrikanischen Frau durch die Statue bekräftigt – eine Tendenz, die sich in vielen Ländern des Kontinents verbreitet und die den vielfach matriarchalisch geprägten Strukturen afrikanischer Gesellschaften widerspricht. Die Statue sehen sie als Triumph des Patriarchats. Zwischen den muslimischen Reformistenbewegungen und den Feminist*innen des Landes ist der weibliche Körper in Bezug auf Nacktheit und Moral regelmäßig Gegenstand von Debatten, in denen es auch darum geht, welches Bild des Landes vermittelt werden soll.

Machtmissbrauch und Korruption
Im Zentrum der Konflikte steht neben dem Monument Expräsident Wade selbst. Ihm wurden in diesem Zusammenhang vor allem Eigeninteresse, Korruption und Machtmissbrauch vorgeworfen (vgl. zum Folgenden Köpp 2012). Ein wichtiger Kritikpunkt betraf die undurchsichtige Finanzierung des Monuments sowie des dafür notwendigen Landkaufs. Wade habe seinerzeit dazu einen Geschäftsmann beauftragt und ihm ein Grundstück im Zentrum von Dakar verkauft. Dieses sei allerdings weit unter seinem tatsächlichen Wert, um den sechsfach geringeren Wert, verkauft worden, so Werner Nowak, Chef der Friedrich-Naumann-Stiftung in Dakar. Ein Sprecher des ehemaligen Präsidenten weist jegliche Verantwortung des Staatschefs zurück: „Wenn der Staat etwas verkauft, dann muss er das zu dem Preis tun, den er selbst festgelegt hat. Im freien Handel hingegen gibt es Spekulationen“(Köpp 2012).Noch größer war die Empörung, als Wade, wie bereits ausgeführt, seinen prozentuellen Anspruch an den erwirtschafteten Einnahmen aus dem Monument verkündete. In den Augen der Kritiker*innen stellen sich dabei sowohl moralische als auch rechtliche Fragen. Darf sich ein amtierender Staatschef zugleich als Privataktionär an Staatseigentum bereichern?
„,Wo hat man das je schon gesehen, ein Präsident, der mit seinem eigenen Land Geschäfte macht?‘, spottet Ousmane Tanor Dieng, Generalsekretär der sozialistischen Partei, einer der Hauptgegner Wades“ (Le Monde Afrique 2010).

Die Idee des Panafrikanismus
Neben offensichtlich eigennützigen Zwecken der Machtdemonstration und der Selbstinszenierung des Präsidenten bekräftigte dieser regelmäßig und offiziell: „Ce monument je l’ai conçu pour l’Afrique et pour l’intérêt du Sénégal […]“ (Dramé 2011). Aber war mit dem Bau des Monuments die Konstruktion bzw. Stärkung eines Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb der senegalesischen Bevölkerung beabsichtigt? Immer wieder ist in der offiziellen Rhetorik rund um das Monument von der Idee Afrikas als Union im Sinne eines Panafrikanismus die Rede.


Exkurs: Panafrikanismus
Das Forum Arbeitskreis Panafrikanismus München definiert den Begriff Panafrikanismus in seinen Grundzügen folgendermaßen:
„Die Selbstwahrnehmung der Menschen Afrikas als Angehörige einer Gruppe entstand vor allem durch die geteilten, leidvollen Erfahrungen der Sklaverei, des Kolonialismus, des Rassismus’ und unzähliger Diskriminierungen des Lebens in der Diaspora. […] [Bis heute] ist der Panafrikanismus […] sowohl gesellschaftspolitische Weltanschauung, Moralphilosophie und Bewegung, der von Menschen aus Afrika und mit afrikanischer Herkunft getragen wird und in der sie sich als Teil einer globalen afrikanischen Gemeinschaft sehen“ (Dipama/Akpulu 2011). Der Panafrikanismus formierte sich bereits im 17. Jahrhundert als Protestbewegung afrikanischer und afroamerikanischer Intellektueller sowie politischer Aktivist*innen gegen den europäischen Rassismus und seine Überlegenheitsansprüche. Die Vision war es, Menschen afrikanischer Herkunft aus aller Welt zu adressieren und im Kampf gegen den westlichen Machtanspruch und die damit einhergehende Unterdrückung zu vereinen. Der Panafrikanismus spielte eine Schlüsselrolle für antikolonialistische und antiwestliche Entwicklungen, die dazu beitrugen, dass die koloniale Weltordnung des 20. Jahrhunderts schließlich ins Wanken geriet. Der Panafrikanismus verbindet seine Kritik an westlicher Politik, Herrschaft und Kultur mit einem eigenen Modernisierungsverständnis, welches viele Elemente des dominanten Westens enthält (vgl. Eckert 2006, Abstract). Aus panafrikanischer Perspektive besteht hier kein Widerspruch.


Es lässt sich feststellen, dass im Zuge der Debatten rund um das ‚Monument der afrikanischen Wiedergeburt‘ von allen Konfliktparteien, Befürworter*innen wie Kritiker*innen, zwar die Frage nach afrikanischer Identität und Repräsentation gestellt, nie jedoch der panafrikanische Grundgedanke als solcher infrage gestellt wurde.

Panafrikanische Anrufungsversuche
Der Name des Monuments verkündet zwar explizit die Botschaft und Vision, die verkörpert werden sollen. Doch nicht alle Senegales*innen und Afrikaner*innen sehen sich in dieser symbolischen Darstellung der afrikanischen Wiedergeburt repräsentiert. Die (vielleicht sogar aufrichtigen) Bemühungen Wades, die panafrikanische Idee in Gestalt eines monumentalen Bauwerks neu zu beleben, konnte die eigene Bevölkerung jedoch nur zum Teil überzeugen. Zu sehr eilte ihm der Ruf des berechnenden und machthungrigen Staatsmannes voraus. Für viele blieb es ein halbherziger Versuch des Präsidenten, durch Aneignung und Instrumentalisierung der panafrikanischen Idee Zuspruch aus der Bevölkerung zu gewinnen und damit eigene machtpolitische Zwecke zu bedienen. Tatsächlich ersetzt hier persönlich demonstriertes Engagement als Künstler und Gestalter nicht die Einbindung und das Mitspracherecht der Bevölkerung. Dies könne, so Patrick Dramé, nur in allgemeines Unverständnis und Widerspruch münden (vgl. Dramé 2011).
Berücksichtigt man die Tatsache, dass zu Afrika heute offiziell 55 Staaten und ungleich mehr zwischenstaatliche Völker, Ethnien und Sprachgruppen gehören, erscheint die Liste an 19 Staaten, die sich zu diesem Monument als Symbol der panafrikanischen Idee bekennt, eher bescheiden. Die Liste der zur Einweihungsfeier geladenen Gäste, die demonstrativ als Plakette am Monument angebracht wurde, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Wade selbst zeigte in keinem Fall Bedenken, ‚sein‘ Monument auf nationaler wie kontinentaler Ebene als stellvertretendes Symbol für ganz Afrika zu bewerben. Sein Versuch, sich mit diesem Monument als Repräsentant des ganzen Kontinents zu situieren, ist offensichtlich, wenn auch fragwürdig in der Umsetzung.
Es kann davon ausgegangen werden, dass sich Senegal um eine führende und impulsgebende Position auf dem eigenen Kontinent bemüht. Senegal, das sich selbst in vielerlei Hinsicht als progressiver und selbstbewusster afrikanischer Vorzeigestaat begreift, möchte diese Rolle auch zunehmend außerhalb Afrikas demonstrieren. Ob das Monument langfristig dazu beiträgt, diesen Repräsentationswunsch nach außen hin zu erfüllen, muss sich erst zeigen. 

Ein ‚unafrikanisches‘ Monument?
Während man vonseiten der Verantwortlichen im Monument durchaus das Sinnbild eines neuen afrikanischen Zeitalters verkörpert sieht, fühlen manche Kritiker*innen in ihm vielmehr die „afrikanischen Werte […] negiert“ (Diop 2010; zit. n. Dramé 2011, Abs. 30 [Übersetzung FG]). Für sie steht das Konzept der afrikanischen Renaissance für den „Aufbau Afrikas durch die Afrikaner selbst“ (ebd.) und für das Vertrauen in den eigenen „kulturellen Spürsinn“ (ebd.).Beides ist in diesem Fall nicht gegeben. Vor allem die Tatsache, dass man beim Bau des Monuments auf nordkoreanische Expertise zurückgriff, sorgte für Unverständnis. Kritisiert wurde, dass die lokalen, für ihre Kunstfertigkeit bekannten Künstler*innen und Handwerker*innen nicht berücksichtigt wurden. Der senegalesische Künstler Ousmane Sow gibt zu bedenken, dass Wade selbst „weder Künstler noch Kulturschaffender ist. Er hätte demnach jene zu Rate ziehen müssen, deren Beruf es ist, Kunst zu denken und zu machen: nämlich die Künstler, Intellektuellen und Innovativen. Das ist nicht der Fall. Es gibt eine Ethik des kollektiven Schaffens, die hier nicht berücksichtigt wurde und die zu einem ästhetischen Desaster geführt hat. Das Monument der Renaissance africaine ist nicht mehr als ein Haufen Eisen und Beton!“ (Dramé 2011).
Auch andere namhafte Künstler*innen und Kunstfördernde des Landes äußerten Bedenken: Es handle sich um ein unafrikanisch anmutendes Kunstwerk ohne erkennbaren künstlerischen Wert. Der senegalesische Schriftsteller Babacar Sall spricht sogar von einer symbolischen Straftat (vgl. Barry/Senemag 2010).
Dem Monument fehle es schlichtweg an „afrikanischer Seele“ (Sy 2009) und Ästhetik. Es sei, so ein Kunstvermittler in Dakar, sehr begrüßenswert, ein Kunstwerk in der Stadt zu haben. Allerdings verstehe man nicht, warum man keine afrikanischen Künstler*innen damit beauftragt habe, meint weiters der Besitzer einer renommierten senegalesischen Kunstgalerie (vgl. Sy 2009).
In der lokalen Kunstszene wird anscheinend davon ausgegangen, dass diese Art des Statuen- und Denkmalkults nicht der ‚afrikanischen Kultur entspringe‘. Man bediene sich einer fremden Bild- und Formensprache, die einem Kopieren von bestehenden westlichen bzw. kommunistischen oder anderen bestehenden Repräsentationstraditionen gleiche und nicht als Ausdruck einer afrikanischen Ästhetik gewertet werden könne.
Aber was genau ist unter einer ‚afrikanischen Ästhetik‘ zu verstehen? Dies ist eine Frage, die sich Menschen afrikanischer Herkunft nicht erst heute stellen. Umso spannender ist es zu beobachten, wie sehr das Monument, wenn auch kontroversiell, dazu beiträgt, diese Frage aufzuwerfen. Insbesondere den Senegales*innen selbst wird damit in Erinnerung gerufen, dass ihr Land wie der gesamte afrikanische Kontinent in einem spannenden Findungsprozess steckt.

Ein Land im (selbst initiierten) Imagewandel
In den letzten Jahren lässt sich eine zunehmend positivere Rezeption und höhere Akzeptanz des Monuments durch die senegalesische Bevölkerung erkennen. Dies ist aus den ersten Recherchen digitalen Bildmaterials zu schließen. Es findet offensichtlich eine verstärkte Identifizierung mit dem Monument statt. Als beliebtes Hintergrundmotiv wird es in den sozialen Netzwerken geteilt – eine vor allem bei Jugendlichen beliebte Möglichkeit, sich in Eigenregie zu inszenieren. Das zeigt zugleich, dass sich auf dem afrikanischen Kontinent die ‚Tradition des touristischen Reisens‘ zu entwickeln beginnt.
Dieser Wandel in der Rezeption des Bauwerks mag auch eine Folge von Marketing sowie der gezielten Zielgruppenwerbung sein. So erklärt der leitende Verwalter des Monuments, Abdoulaye Racine Senghor, in einem Interview, dass man als eine der wichtigsten Zielgruppen Kinder und Schulen aus allen Regionen des Landes ins Auge gefasst habe. Es gelte, vor allem bei den jungen Senegales*innen anzusetzen. Sie müsse man auf die Art des neuen ‚inneren Tourismus‘ im Senegal ‚vorbereiten‘, sie quasi emotional an das Monument binden und ihnen dessen ‚unentbehrlichen‘ kulturellen Wert für das Land vermitteln. Sie würden dieses ‚Wissen‘ dann in weiterer Folge an die nächste Generation vermitteln und das ‚Projekt‘ damit zum Selbstläufer machen (vgl. Monuraf 2020).
Daneben wolle man als Betreiber des Monuments, so Senghor in einem Interview (vgl. Mplus ProdTv 2018), vor allem gezielt Tourist*innen als wichtige Zielgruppe ansprechen. So werden direkte Kooperationen mit Reiseanbieter*innen und Tourismusagenturen geschlossen, die das Monument als Sehenswürdigkeit zum fixen Besichtigungsprogrammpunkt, wenn nicht sogar zum Highlight von Reiseangeboten erklären. In der Folge lässt sich eine verstärkte Kommerzialisierung und Professionalisierung des touristischen Angebots rund um das Monument konstatieren.
Wade ist hier ein gewisses Gespür für die aus dem Monument resultierenden Möglichkeiten nicht abzusprechen. Haben viele Senegales*innen zum Zeitpunkt der Errichtung des Monuments seine zukünftige Bedeutung und den Nutzen angezweifelt, so war er bereits damals davon überzeugt, sein Projekt zum profitablen Aushängeschild des Landes werden zu lassen.

Nicht alle sind ‚dagegen‘
Neben den vielen Kritiker*innen finden sich heute auch in weniger begüterten senegalesischen Bevölkerungsgruppen Befürworter*innen der Statue. Dabei handelt es sich meist um Menschen, die in irgendeiner Weise wirtschaftlich einen direkten Nutzen daraus ziehen. Das können lokale Händler*innen und Fotograf*innen, Touristenführer*innen oder Souvenirverkäufer*innen sein, die hier weitab vom Trubel im Zentrum der Stadt ihre Geschäfte machen können. Einer von ihnen erzählt: „Mir gefällt das Monument, es ist schön. Wir sind sehr stolz darauf. Vorher gab es viele Leute, die nicht wussten, wo der Senegal liegt – dank der Statue wissen sie es jetzt. Und die Einnahmen kommen allen zugute. Es kommen auch […] viele Besucher her“ (Köpp 2012).

Die Macht der Kontroversen
Neben ökonomischen entwickelten sich vor allem zu Beginn religiöse, politische und ideologische Konflikte rund um das Monument. Der Kampf ging um Bedeutungen, Zuschreibungen und Symbole, mit denen konträre Positionen artikuliert wurden (vgl. Dramé 2011).
Die Vielzahl an Kontroversen, die dieses Denkmal hervorgerufen hat und zum Teil noch immer hervorruft, ist beachtlich. Bemerkenswert ist dies insofern, als es ein Zeichen für ein aktiv gelebtes demokratisches Verständnis der senegalesischen Gesellschaft darstellt (vgl. Barry/Senemag 2010).[7] Eine Gesellschaft, in der unterschiedliche Gesellschaftsschichten, Gruppierungen und Individuen gleichermaßen das Gefühl haben, sich zu einem Thema in irgendeiner Form öffentlich äußern zu müssen – sei es in Form einer Demonstration, einer öffentlichen Kundgebung, einer sorgfältig vorbereiteten Fernsehrede, oder im Gespräch mit dem/der Taxifahrer*in.

Abb. 7: Monument de la Renaissance africaine aus der Ferne, Dakar 2010
© Felizitas Gattermann
Abb. 8: Auf den Stufen des Monument de la Renaissance africaine, Dakar 2010
© Felizitas Gattermann

Literatur